Musiktipps im Dezember 2022
Unsere brandaktuellen CD-Kritiken Die Musik-Tipp4U für den Dezember

Weihnachten steht vor der Tür und alle Regale sind voller Weihnachtsalben und Best Ofs. Alle Regale? Nein! Ein kleines Grüppchen Widerständler veröffentlicht tapfer neues Material und stemmt sich so dem Festtags-Imperium erfolgreich entgegen. Statt aufmüpfigen Galliern handelt es sich ausschließlich um Germanen – okay, ein Österreicher ist auch dabei – denen das Kunststück gelingt, uns mit Neuheiten zu begeistern. Dafür braucht es nicht einmal einen Zaubertrank. Oft reicht schon jahrzehntelange Erfahrung und eine Menge Talent. Wir wünschen viel Spaß beim (Wieder-) Entdecken.

Sido
Paul
Von der Maske hat er sich ja schon länger verabschiedet. Nun lässt das Super Intelligente Drogen Opfer auf „Ich und keine Maske“ (2019) des achten Solowurf in Albumlänge folgen. Und der heißt schlicht und ehrlich wie sein Schöpfer: „Paul“. Darauf zu hören ist viel authentisches, weil Paul Würdig eben auch über das rappt, was ihn beschäftigt. Und ihn hat viel beschäftigt als Musiker, Vater, Ehemann, Schauspieler und Castingshow-Juror. Und weil Paul Würdig zudem noch ziemlich wortgewandt und schlau ist, gerät ihm der Blick auf das eigene Umfeld und Leben meistens auch sehr überzeugend. Auf 14 Tracks lässt er deshalb tief blicken, widmet sich Versagensängsten, „Medizin“ und der Suche nach dem Glück und erhält dabei Unterstützung von u. a. Estikay, K.I.Z.-Rapper Tarek und Jamule. Wie heißt es so schön: Der Junge aus’m Block ist endgültig erwachsen geworden.
Sido
Nina Hagen
Unity
Nina Hagen
Unglaubliche 67 Jahre ist Nina Hagen jetzt alt. Aber im Geiste ist sie offenbar immer noch der Teenager, der den Farbfilm vergessen hat und gern TV glotzt. Dabei hat sie gefühlt nur noch wenig veröffentlicht in den letzten zehn Jahren und sich eher durch schräge Diskussionsbeiträge und dadurch hervorgetan, dass einer ihrer größten Hits Merkels Zapfenstreich untermalen durfte. Immerhin: Vor rund zwei Jahren gab es mit „Unity“ eine Zusammenarbeit mit George Clinton, die ganz gut in beider schrägen Kosmos passt und auch auf dem gleichnamigen Album zu hören ist, das mit zwei Jahren Verspätung jetzt noch einmal all das vermischen darf, was Nina Hagen auszeichnet: Politischen Aktivismus und schrägen Humor, operettenhaftes Gejodel und dämonischen Gesang, Neues und Altes (in Form ungewöhnlicher Coverversionen von u. a. Sheryl Crow und Bob Dylan). „Unity“ eben...
Voodoo Jürgens
Wie die Nocht Noch Jung Wor
In Österreich ist er zu Recht ein Star, dessen bislang zwei Soloalben „Ansa Woar“ und „S’Klane Glücksspiel“ es auf Platz eins bzw. zwei der dortigen Charts schafften. Warum David Öllerer alias Voodoo Jürgens jenseits der Landesgrenze immer noch als Geheimtipp herumgereicht wird, mag sich deshalb nicht so recht erschließen. Vielleicht liegt es daran, dass österreichische Mundart allenfalls noch in Bayern verstanden wird und der morbide Humor für alle jenseits des Weißwurstäquators überhaupt nicht mehr nachvollziehbar ist. Zumindest musikalisch überschreitet er mit seiner Band Ansa Panier Grenzen – die von der Liedermacherei zum Swing, zum Jazz, zum Blues, hin zum Soul und wieder zurück. Inhaltlich geht es auch auf Album Nummer drei nachdenklich, düster und schwarzhumorig zu. Und wenn Tom Waits Österreicher wäre, er würde mit Voodoo im nächsten Beisl musizieren. Und der Qualtinger hört zu...
VoddooJürgens
Tokio Hotel
2001
Tokio Hotel
Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen, für Tokio Hotel war es auch das Jahr, in dem sie sich zur Band zusammenschlossen. Über 20 Jahre ist das nun her. Was schon ein bisschen wahnsinnig ist, wenn man zurückblickt auf die Buben, die sich „Durch den Monsun“ kämpften und jetzt auf den Ehegatten von Heidi Klum und den nie erwachsen gewordenen Paradiesvogel Bill schaut. Immerhin: 5 Jahre nach „Dream Machine“ hat man offensichtlich so etwas wie Credibilität auch in vermeintlich cooleren Indiegefilden. Unlängst haben beispielsweise Kraftklub für „4 x 4“ auf  die Magdeburger gesetzt und uns so in Erinnerung gerufen, dass die Kaulitzbrüder auch anders können als nur als Klum-Begleitband. Den endgültigen Nachweis erbringt nun Album Nummer sechs, das als eine Art Rückbesinnung zu verstehen ist und neben „When We Were Young“ und einem guten Dutzend weiterer Tracks auch eine Neueinspielung ihres Ur-Gassenhauers „Durch den Monsun“ enthält.
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